Cyber- und Informations-Operationen
Heutzutage ist der Einsatz von Cyber-Operationen in Kriegszeiten eine Realität. Zwar geben nur wenige Staaten öffentlich zu, dass sie solche Operationen einsetzen, doch immer mehr Staaten bauen ihre militärischen Cyber-Fähigkeiten aus und ihr Einsatz in modernen bewaffneten Konflikten ist offensichtlich. In den aktuellen bewaffneten Konflikten werden Cyber-Operationen von staatlichen und nicht staatlichen Akteuren durchgeführt; Technologieunternehmen spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Dienstleistungen und Infrastruktur für die Krieg führenden Parteien.
Die internationale Gemeinschaft anerkennt, dass Cyber-Operationen, ebenso wie alle anderen Mittel und Methoden der Kriegsführung, zivile Infrastruktur schwer beschädigen und zerstörerische humanitäre Folgen haben können.
Krieg führende Parteien verwenden auch digitale Kommunikationsmittel sowie künstliche Intelligenz, um die Reichweite und den Einfluss von „Informations-Operationen“ zu vergrössern. Dies umfasst nur allzu oft schädliche Informationen, mit denen ein Konflikt angeheizt, Verstösse gegen das HVR ermuntert bzw. die Arbeit im Rahmen medizinischer oder humanitärer Einsätze unterminiert werden.
Die zunehmende Verwendung von militärischen Cyber-Fähigkeiten und die damit verbundenen humanitären Bedenken unterstreichen, wie wichtig es ist, zu einem gemeinsamen Verständnis der rechtlichen Einschränkungen zu gelangen, die für Cyber-Operationen in bewaffneten Konflikten anwendbar sind.
Das wichtigste Regelwerk im Zusammenhang mit Cyber- und Informations-Operationen ist das humanitäre Völkerrecht (HVR). Die Staaten haben ihre Regeln so kodifiziert, dass sie – in den Worten des Internationalen Gerichtshofs – für alle Formen der Kriegsführung und alle Arten von Waffen, einschliesslich künftiger, gelten.
Die Grundregeln im Zusammenhang mit Cyber-Operationen sind klar: Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte sind verboten; unterschiedslos wirkende Waffen dürfen nicht verwendet werden; willkürliche und unverhältnismässige Angriffe sind verboten; medizinische Dienste müssen geachtet und geschützt werden. Diese und viele andere Regeln gelten auch für den Cyberspace.
Andere Fragen müssen noch genauer geklärt werden. Dazu gehören zum Beispiel, ob zivile Daten denselben Schutz geniessen wie zivile Objekte und ob Cyber-Operationen, die Systeme stören, dabei aber keinen physischen Schaden anrichten, als Angriffe gemäss Definition im humanitären Völkerrecht gelten.
Wir begrüssen die wachsende internationale Aufmerksamkeit für die potenziellen menschlichen Kosten im Zusammenhang mit Cyber- und Informations-Operationen sowie das anwendbare Völkerrecht. Die Gesellschaften werden rasch digitalisiert. Es ist wichtig, dass das humanitäre Völkerrecht so ausgelegt und angewendet wird, dass nicht nur physische Objekte, sondern auch digitale Infrastrukturen, auf die sich die Menschen in ihrem Alltag verlassen, geschützt werden.