Verträge und Gewohnheitsrecht

29. Oktober 2010

Grundlage des humanitären Völkerrechts sind zahlreiche Verträge – insbesondere die Genfer Abkommen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle – sowie eine Reihe anderer Übereinkommen und Protokolle zu spezifischen Aspekten des Rechts der bewaffneten Konflikte, auch Kriegsvölkerrecht genannt. Zudem gibt es einen umfangreichen gewohnheitsrechtlichen Bestand, der für alle Staaten und Konfliktparteien bindend ist.

Seit Jahrhunderten gibt es Regeln, die die Art der Kriegsführung einschränken, doch bis 1864 waren sie grösstenteils nicht schriftlich niedergelegt. In diesem Jahr wurde die Genfer Konvention angenommen, der erste einer langen Reihe von Verträgen, die die Art und Weise, wie Kriege geführt werden, einschränken.

Dieser Teil der Website enthält Links zu den wichtigsten Texten des humanitären Völkerrechts (HVR), Kommentare zu ihrer Anwendung, wissenschaftliche Artikel über die Entwicklung des HVR sowie Informationen zum Stand der Ratifikationen.

Kernstück des HVR sind die Genfer Abkommen. Der Text der Konvention von 1864 wurde 1906 und nochmals 1929 überarbeitet und neu gestaltet. Die heute geltenden Fassungen wurden unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges am 12. August 1949 angenommen und sind unter der Bezeichnung „Vier Genfer Abkommen" bekannt. Sie sind von allen Ländern ratifiziert worden.

Das HVR deckt im Wesentlichen zwei Bereiche ab: den Schutz von Personen, die nicht oder nicht mehr an Kampfhandlungen teilnehmen, und die Einschränkung der Mittel und Methoden der Kriegsführung, zum Beispiel der Waffen und der Taktik.

Gegenstand des I. Genfer Abkommens von 1949 ist der Schutz und die Pflege der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Feld.

Das II. Genfer Abkommen von 1949 regelt den Schutz und die Pflege der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See.

Das III. Genfer Abkommen von 1949 befasst sich mit der Behandlung der Kriegsgefangenen.

Das IV. Genfer Abkommen regelt den Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten.

Nach 1949 wurden die Genfer Abkommen durch drei Zusatzprotokolle ergänzt. Das Zusatzprotokoll I von 1977 schützt die Opfer internationaler bewaffneter Konflikte. Das Zusatzprotokoll II aus dem gleichen Jahr schützt die Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte.

Das Zusatzprotokoll III von 2005 führte den Roten Kristall ein, das neue Schutzzeichen neben dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond.

Das HVR umfasst auch mehrere andere Verträge über einzelne Waffen, Taktiken oder geschützte Personen und Objekte, darunter das Abkommen für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (1954), das Biowaffenübereinkommen (1972), das Übereinkommen über konventionelle Waffen (1980), das Chemiewaffenübereinkommen (1993) und das Ottawa-Übereinkommen über Antipersonenminen (1997).

Zusätzlich zum Völkervertragsrecht gibt es umfangreiches humanitärvölkerrechtliches Gewohnheitsrecht, das vom IKRK im Rahmen einer grösseren Studie katalogisiert und von der Cambridge University Press publiziert wurde. Diese Studie bietet ausgehend von der Staatenpraxis eine umfassende Analyse der gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen, die bei bewaffneten Konflikten Anwendung finden.