In der Region Transnistrien wurden von Februar bis April 2023 zehn Sitzungen zur psychosozialen Begleitung organisiert. IKRK

Moldova: Kinder sprechen über die Zukunft und ihre Hoffnungen und Ängste

Das IKRK-Team in der Republik Moldova organisierte mit Unterstützung der Bender-Zweigstelle des Moldavischen Roten Kreuzes psychosoziale Begleitung für einheimische Kinder und für Kinder, die vor dem Konflikt in der Ukraine geflohen waren. Die Kinder wurden ermutigt, in dieser für viele Menschen in der Region schwierigen Zeit über ihre Gefühle zu sprechen.
Article 02. August 2023 Ukraine

An einem kalten Wintermorgen in der Stadt Bender in der Region Transnistrien versammelte sich eine Gruppe von Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren. Als man ihnen Stifte gab und sie aufforderte, zu zeichnen, waren sie überrascht und sträubten sich zunächst.


„Ich werde gar nichts zeichnen!", verkündete ein Junge namens L.

Doch langsam aber sicher liessen sich die Kinder auf die Idee ein. Am Ende des Tages hatte L. mehr gezeichnet als alle anderen. Nach dieser ersten Sitzung sprach sich unter den Kindern herum, dass diese IKRK-Leute gar nicht so schlecht waren ... und die Stimmung in den folgenden Sitzungen war deutlich enthusiastischer.

Ab Februar 2023 wurden in der Region Transnistrien mit Unterstützung der Bender-Zweigstelle des Moldavischen Roten Kreuzes innerhalb von drei Monaten zehn Sitzungen zur psychosozialen Begleitung organisiert. Rund 80 Kinder - sowohl aus der einheimischen Bevölkerung als auch aus Familien, die vor dem internationalen bewaffneten Konflikt in der Ukraine geflohen waren - nahmen an den Sitzungen teil.

Zukunftsträume

Die Kinder beschrieben anschaulich die glücklichsten und traurigsten Momente ihres Lebens. Als sie gebeten wurden, Briefe an ihr künftiges Ich zu schreiben, wurde eine grosse Bandbreite von Gefühlen und Sorgen sichtbar: Sie reichten von der Bedeutung der Familie über materiellen Komfort bis hin zur Angst vor Feinden und dem Vermissen eines fernen Freundes. Einige hofften, in der Schule bessere Noten zu bekommen, eine Begabung zu entwickeln oder mit 100 Lei ein Unternehmen zu gründen. Andere träumten einfach davon, nach Hause zurückzukehren. Manche der Briefe bestanden aus mehreren Sätzen, andere waren kaum eine Zeile lang.

Viele Kinder waren zunächst nicht bereit, ihre Briefe in der Gruppe vorzulesen.

Doch trotz ihrer anfänglichen Skepsis waren die meisten schließlich bereit, vorzulesen. Diejenigen, die mehr Ängste und Sorgen hatten, brauchten mehr Zuwendung, bevor sie sich mitteilen konnten.

Die Kinder sagten, es sei für sie wichtig gewesen, „Geheimnisse zu erzählen, über die sie noch nie mit jemandem gesprochen hatten".

Sobald die Gespräche entspannter wurden, vertauschten sich die Rollen, und nun es waren die Kinder, die dem IKRK-Team Ratschläge gaben! Das Vorlesen der Briefe sei ein schlechtes Omen, sagten sie. „Wenn du deinen Wunsch laut aussprichst, wird er nicht in Erfüllung gehen!"

Schulung von Freiwilligen für die Begleitung

Die Sitzungen waren so erfolgreich, dass das IKRK-Team für psychische Gesundheit und psychosoziale Begleitung in Chisinau beschloss, den Aufbau von Kapazitäten für die Zweigstellen des Moldavischen Roten Kreuzes in Balti (Nordmoldova) und Bender zu unterstützen. In jeder Zweigstelle wurden zwei Personen ausgewählt, die die von Freiwilligen geleitete psychosoziale Begleitung für Einheimische und aus der Ukraine Geflüchtete planen, organisieren und beaufsichtigen sollten.

Den Freiwilligen wurde gezeigt, welche Faktoren sich auf das psychosoziale Wohlbefinden der von einem Konflikt betroffenen Menschen auswirken, wie man psychische Symptome erkennt, wann und an welche Dienste man Menschen überweist, wie man eine Diskussionsrunde leitet und wie man Öffentlichkeitsarbeit und psychosoziale Beratung für Kinder und Erwachsene organisiert. An den beiden Schulungen nahmen insgesamt 33 Freiwillige teil, darunter Psychologinnen, Psychologie-Professoren, Sozialarbeiterinnen, Studierende und Vertreter der örtlichen Behörden.

Im Anschluss an die Schulung berief das IKRK eine Arbeitsgruppe ein, um direkt mit Menschen zu sprechen, die aus der Ukraine nach Moldova geflohen waren. Die Teilnehmenden wurden gefragt, was sie brauchen und ob sie Zugang zu psychotherapeutischer Betreuung haben.