Medienmitteilung

Syrien: Nach fast einem Jahrzehnt der Gewalt sind die dringenden und langfristigen Bedürfnisse enorm

Aleppo/Genf (IKRK) – Während die Krise in Syrien in ihr zehntes Jahr geht, sind die Bedürfnisse der Menschen, die bereits so viel Leid erfahren haben, enorm und komplex. Die Statistiken sprechen für sich: über 11 Millionen Menschen in Syrien sind auf Hilfe angewiesen, Zehntausende gelten weiterhin als vermisst, jede(r) Zweite ist vertrieben und mindestens zwei Millionen Kinder können die Schule nicht mehr besuchen oder haben diese noch nie von innen gesehen.

Neben dem umfassenden Bedarf an langfristiger Hilfe sind Millionen syrischer Familien auf dringende Nothilfe angewiesen. In Idlib mussten seit Dezember fast eine Million Menschen fliehen, um sich inmitten der wieder aufflammenden Kämpfe und unter strengen winterlichen Bedingungen in Sicherheit zu bringen. Dies hat zur schlimmsten Vertreibungswelle in diesem Konflikt geführt. Viele der Geflüchteten sind bereits in der Vergangenheit mehrfach vertrieben worden. Der beinahe gänzlich fehlende Zugang für humanitäre Helfer macht es geradezu unmöglich, den Menschen die dringend benötigte Hilfe bereitzustellen.

„Der ungehinderte Zugang zu allen Orten, an denen Menschen Nothilfe benötigen, ist entscheidend und kann für die Menschen lebensrettend sein. Der humanitäre Zugang zu Menschen in Not darf nicht politisch instrumentalisiert werden. Er ist ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg. In ganz Syrien haben die Menschen auch langfristige Bedürfnisse, die wir nicht vergessen dürfen", sagte Peter Maurer, Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, bei seiner jüngsten Reise nach Aleppo, wo er eine Pumpstation besuchte, die über zwei Millionen Menschen mit Wasser versorgt.

„Es war sehr wichtig, die Arbeit, die wir zusammen mit dem Syrisch-Arabischen Halbmond bei der Pumpstation leisten, aus erster Hand zu sehen. Ohne diese Station hat die Stadt praktisch kein Trinkwasser. Dies zeigt, wie wichtig es für Millionen Menschen in Syrien ist, dass wir unsere Programme im ganzen Land fortführen können", so Peter Maurer weiter. In ganz Syrien benötigen Millionen Menschen Unterstützung für einen Neuanfang und die Sicherung ihrer Existenzgrundlagen. Grundlegende Dienstleistungen, Spitäler und Schulen müssen wieder aufgebaut werden. Blindgänger müssen in Häusern und auf den Feldern geräumt werden. Es müssen nachhaltige Arbeitsplätze und andere Einkommensquellen geschaffen werden. Menschen benötigen Hilfe, um die physischen und mentalen Folgen dessen, was sie erlebt haben, zu verarbeiten.

In einer Gesellschaft, die aufgrund jahrelanger Gewalt gespalten ist, bleibt einer der wichtigsten Aspekte für eine Aussöhnung die Klärung des Schicksals vermisster Personen. Im Rahmen des Konflikts gelten mehr als Zehntausend Menschen als vermisst. Das IKRK fordert alle Konfliktparteien auf, ihrer Verpflichtung zur Suche nach vermissten Personen sowie zu einem systematischen und menschenwürdigen Umgang mit den Toten nachkommen. Familien haben das Recht zu erfahren, was mit ihren Angehörigen passiert ist.

Das IKRK setzt seine Besuche von Inhaftierten fort bzw. bemüht sich um den Zugang zu allen Häftlingen – unabhängig davon, ob es sich um Syrer, Iraker oder andere Nationalitäten handelt. Seit dem letzten Jahr sehen wir auch Zehntausende Menschen in den Lagern im Nordosten des Landes, darunter vor allem gestrandete Frauen und Kinder. Auch sie verdienen nachhaltige und humane Hilfe in ihrer Notlage.

Das IKRK steht zusammen mit dem Syrisch-Arabischen Roten Halbmond und mit Unterstützung seiner anderen Partner der Bewegung bereit, seine humanitäre Hilfe auszuweiten, um die enormen Bedürfnisse in ganz Syrien zu erfüllen. Es hat alle Parteien aufgefordert, ihm Zugang zu den Menschen zu gewähren und Sicherheitsgarantien abzugeben, damit es angemessen auf die enormen Bedürfnisse auf beiden Seiten der Frontlinien reagieren kann.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte unsere Ansprechpartner:

Ingy Sedky, IKRK Syrien, nur per WhatsApp, Tel.: +963 993177769, isedky@icrc.org
Sarah Alzawqari, IKRK Beirut, Tel.: +961 3 13 83 53, salzawqari@icrc.org
Ruth Hetherington, IKRK Genf, Tel.: +41 79 447 3726, rhetherington@icrc.org