Inmitten einer sich verschärfenden Krise droht Konfliktbetroffenen in Nord-Kivu zunehmend wirtschaftliche Not
Der anhaltende bewaffnete Konflikt in der Provinz Nord-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo hindert die Bevölkerung daran, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Die Kämpfe schränken den Zugang zu den Feldern ein, und mehrere illegale Strassenblockaden erschweren die Bewegungen von Menschen und Waren. Die mehrheitlich ländliche Bevölkerung ist infolge der geringeren landwirtschaftlichen Produktion mit starken Preisanstiegen konfrontiert. Ihre Lebensbedingungen verschlechtern sich von Tag zu Tag.
Trotz der relativen Ruhe in den Aussenbezirken von Goma dauern die Kämpfe zwischen verschiedenen bewaffneten Gruppen in mehreren Territorien Nord-Kivus weiter an. Aufgrund der Zusammenstösse flüchten immer mehr Menschen und der Zugang zu Feldern und Existenzgrundlagen wird zunehmend schwieriger.
Bereits 2,5 Millionen Menschen sind in der Provinz Nord-Kivu vor dem Konflikt geflohen – laut dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen die höchste Anzahl Flüchtlinge innerhalb des Landes. Vertriebene Familien, die ein Stück Land gefunden haben, das sie bewirtschaften können, sowie Aufnahmegemeinschaften, die ihre Äcker weiterhin bebauen können, erleben aufgrund der Präsenz der vielen Bewaffneten auf dem Weg zwischen ihrem Zuhause und den Feldern mehr körperliche (inklusive sexuelle) Übergriffe und illegale Gebührenerhebung.
Der erschwerte Zugang zu den Feldern hat zu höheren Preisen für Agrarerzeugnisse geführt. Einige Produkte werden inzwischen sogar aus grossen Städten im Osten des Landes und aus den Nachbarländern importiert. Für die Menschen wird es immer schwieriger, ihren Nahrungsmittelbedarf zu decken, und die Unterernährung nimmt zu. Zwischen Juli und Dezember 2024 litten Schätzungen zufolge rund 2,4 Millionen Menschen an akutem Hunger (Integrierte Phasenklassifikation zur Ernährungssicherheit (IPC), Phase 3), was bedeutet, dass der mangelnde Zugang zu Nahrung ein kritisches Niveau erreicht hat.
Myriam Favier, Leiterin der Unterdelegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Nord-Kivu, erklärt: „Familien, die unter schwerer Ernährungsunsicherheit leiden, findet man in Situationen, in denen ein anhaltender Konflikt wie derzeit im Osten der Demokratischen Republik Kongo die Nahrungsmittelproduktion und -versorgung stark beeinträchtigt. Am Ende schwächt der Zusammenbruch der Nahrungsmittelproduktion Gemeinschaften, die bereits zuvor anfällig waren. Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, die für den Schutz der Zivilbevölkerung während der Planung und Durchführung von Kampfhandlungen wesentlich ist, mindert die Folgen der Kämpfe auf die Ernährungssicherheit, indem beispielsweise dafür gesorgt wird, dass die Menschen weiterhin Zugang zu Feldern und Märkten haben und dass humanitäre Organisationen Menschen in Not erreichen können.“
Angesichts der Situation, in der die Zivilbevölkerung mit bewaffneter Gewalt einerseits und beunruhigender Ernährungsunsicherheit andererseits konfrontiert ist, haben die Teams des IKRK gemeinsam mit dem Roten Kreuz der Demokratischen Republik Kongo zwischen dem 7. und dem 29. Oktober 2024 Nahrungsmittelhilfe für mehr als 112 600 Personen in den Konfliktgebieten geleistet.
Eine Frau in Nord-Kivu erhält Hilfe vom Roten Kreuz zur Stärkung ihrer wirtschaftlichen Sicherheit.
Das IKRK ruft die Konfliktparteien in Nord-Kivu weiterhin dringend auf, die Regeln des humanitären Völkerrechts bei den Kampfhandlungen zu beachten und ihrer Pflicht, die Zivilbevölkerung und deren Eigentum zu schützen, nachzukommen.
Massnahmen des IKRK zur Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit der Menschen in Nord-Kivu, Oktober 2024
- Zwischen dem 7. und dem 29. Oktober 2024 erhielten 60 800 vertriebene und zurückgekehrte Menschen in Nyanzale, Katsiru und Kibirizi im Territorium Rutshuru Nahrungsmittelhilfe (25 kg Bohnen, 50 kg Maismehl, 10 l Öl und 1 kg Kochsalz).
- Zwischen dem 19. und dem 26. Oktober 2024 erhielten 28 700 vertriebene und zurückgekehrte Personen in Bweremana, Bishange und Kashenda im Territorium Masisi Nahrungsmittelpakete.
- Zwischen dem 8. und dem 20. Oktober 2024 erhielten mehr als 23 000 vertriebene und zurückgekehrte Menschen in Kanyabayonga im Territorium Lubero Nahrungsmittelhilfe. Diese Unterstützung ergänzt die im Juni 2023 aufgrund der im Süden von Lubero fortschreitenden Kampfhandlungen ausgesetzte Nahrungsmittelabgabe.