Zentralafrikanische Republik: Trinkwasser bleibt für die meisten Menschen ein unzugänglicher Luxus

Fehlende Investitionen in die Verteil- und Aufbereitungsnetze, das Risiko sexueller Übergriffe auf dem Weg zu entlegenen Quellen – der anhaltende bewaffnete Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik hat für die Mehrheit der Bevölkerung schwere Folgen.
Die 29-jährige dreifache Mutter Milène ist schweissgebadet; bei glühender Hitze hat sie Mühe, ihre drei 20-Liter-Kanister zu füllen.
„In der Stadt gibt es nur wenige öffentliche Brunnen und man muss am frühen Morgen oder Nachmittag kommen, um Wasser zu erhalten“, erklärt sie.
„Wenn ich in den Busch gehe, können mich bewaffnete Männer angreifen und mir fürchterliche Dinge antun. Zudem ist das Wasser dort gesundheitsschädlich. Deshalb stehe ich wie alle in der Stadt Schlange“, sagt sie resigniert.
Wir befinden uns in Bambari, eine Stadt im Zentrum des Landes, die zwischen 2013 und 2020 verschiedentlich Schauplatz heftiger Zusammenstösse zwischen bewaffneten Gruppen war. Der Zugang zu Trinkwasser war hier schon immer ein Problem. Ein Teil der Bevölkerung holte verschmutztes Wasser im Busch, manchmal mehr als fünf Kilometer von der Stadt entfernt. Zahlreiche Menschen erkrankten und einige starben sogar. Seit Beginn der bewaffneten Gewalt wollen Frauen und Kinder das Risiko, auf den verlassenen Wegen zu den Quellen auf bewaffnete Männer zu treffen, nicht mehr eingehen.
Humanitäre Organisationen haben mehrere Wasserstellen errichtet, die jedoch nicht alle Bedürfnisse in der Präfektur Ouaka erfüllen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat insbesondere in den Städten Bougouyo und Ippy ein Dutzend Trinkbrunnen und Wasserstellen eingerichtet. Männer, Frauen und Kinder gedulden sich in langen Warteschlangen.
Opfer von sexueller Gewalt werden oft doppelt bestraft, da sie nach einer Vergewaltigung von ihrer Familie und ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen werden.

Ein vom IKRK errichteter Wasserbrunnen im Dorf Goya, um den Zugang der Gemeinschaft zu Trinkwasser zu erleichtern.
Zwangsvertreibungen und Druck auf die Wasserressourcen
Mit der Ankunft zahlreicher Vertriebener infolge des bewaffneten Konflikts ist der Trinkwasserbedarf in allen städtischen Zentren gestiegen. Evelyne ist im Vertriebenenlager von Bougouyo in der Präfektur Ouaka, 80 Kilometer von Bambari entfernt, gelandet. Sie erzählt, was sie durchmachen musste: „In der Nähe des Lagers gibt es einen Fluss. Das Wasser ist nicht gut, aber wir spülten damit Geschirr, wuschen uns und tranken es. Dies hatte Auswirkungen auf unsere Gesundheit, wir litten unter Durchfall, Bauchschmerzen und Erbrechen. Nun haben wir Zugang zu Trinkwasser, aber nicht in ausreichenden Mengen.“ Im Westen des Landes ist die Situation ebenfalls problematisch. Die SODECA (Zentralafrikanische Wasserverteilgesellschaft) ist in Zusammenarbeit mit dem IKRK in der Stadt Bouar aktiv. Der Bevölkerung vor Ort und den dort lebenden Vertriebenen fehlt es an Trinkwasser. Durch verschmutztes und nicht aufbereitetes Wasser verursachte Krankheiten sind an der Tagesordnung. Die SODECA ist heute aufgrund fehlender personeller und finanzieller Mittel für die Erweiterung ihres Netzes, aber auch für den ununterbrochenen Betrieb des bestehenden Netzes heute nicht in der Lage, allen Bedürfnissen der Bevölkerung nachzukommen.
Die Partnerschaftsvereinbarung zwischen dem IKRK und der SODECA zielt auf eine Verbesserung der Trinkwasserproduktion ab. Momentan sind 15 Quartiere von Bouar an das Trinkwassernetz angeschlossen. Weitere werden bald folgen.
In der Zentralafrikanischen Republik ist die SODECA nicht überall tätig und deckt nur einen Drittel des Trinkwasserbedarfs der sechs Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Landes ab. Besonders betroffen sind abgelegene Regionen und in den städtischen Zentren werden benachteiligte Quartiere oft über informelle Netze versorgt.
Dank der Lieferung von Treibstoff, Ersatzteilen und Chemikalien an die SODECA im Jahr 2023 erhielten beinahe 160 000 Menschen in Bangui und Bouar Zugang zu Trinkwasser. Dank der Instandstellung von Pumpen in sieben von der bewaffneten Gewalt betroffenen Präfekturen erhielten weitere 60 000 Menschen Zugang zu Trinkwasser. Trotz der Bemühungen des IKRK und anderer Organisationen bleibt noch viel zu tun.
Fortlaufende Unterstützung auf dem ganzen Gebiet
Dank einer Vereinbarung zwischen dem IKRK und dem Ministerium für die Entwicklung von Energie und Wasserressourcen unterstützt das IKRK die SODECA weiter. In den Präfekturen Nana Gribizi, Ouaka, Ouham, Ouham-Pendé, Bamingui-Bangoran, Ober-Mbomou und Niederkotto werden zurzeit elf weitere Bohrungen und 150 Handpumpen repariert oder errichtet.
Im städtischen Umfeld unterstützt das IKRK das Projekt der SODECA, in der Stadt Bouar von Wärmeenergie auf erneuerbare Energie umzusteigen, und finanziert eine Studie zum Gesamtkonzept des Trinkwasserversorgungssystems. Diese Unterstützung wird andernorts durch die Spende von Chemikalien an die SODECA von Bangui und an das sekundäre Zentrum von Ndélé im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik fortgesetzt.
Auf dem Land unterstützt das IKRK weiterhin die nationale Agentur für Wasser und Abwasseraufbereitung und die regionale Direktion für Hydraulik bei der Reparatur von manuellen Wasserpumpen, neuen Bohrungen und Solarsystemen für die Wasserversorgung. Teil dieser Unterstützung ist auch die Schulung der Verantwortlichen für die Wasserstellen und der Reparateure.
Bis sich die Sicherheitslage in der Region verbessert und Einsätze auf dem ganzen Gebiet möglich sind, müssen die Gemeinschaften laut Haroune Ousmane, Ingenieur für Wasser und Infrastruktur beim IKRK, den Fortbestand der von humanitären Organisationen eingerichteten Trinkwasserversorgungssysteme sicherstellen, insbesondere durch deren Instandhaltung. Und er fügt hinzu: „Neben dem Zugang zu Trinkwasser müssen auch unbedingt angemessene Bedingungen für die Abwasseraufbereitung gewährleistet und bewährte Hygienepraktiken gefördert werden, um wasserbürtige Krankheiten zu vermeiden.“