Im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) treibt die wiederaufflammende Gewalt Tausende Vertriebene vor die Tore von Goma. MOSES SAWA SAWA / IKRK

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) treibt die wiederaufflammende Gewalt Tausende Vertriebene vor die Tore von Goma

Die intensiven und anhaltenden Konfrontationen zwischen den bewaffneten Streitkräften der Demokratischen Republik Kongo (FARDC) und der M23-Miliz auf dem Gebiet von Rutshuru haben über 72 000 Menschen [1] veranlasst, binnen einer Woche ihr Zuhause zu verlassen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ruft die beteiligten Akteure dazu auf, Zivilisten zu schützen und die Arbeit des humanitären Personals bei der Bereitstellung von Hilfe nicht zu behindern.
News release 01. Juni 2022 Demokratische Republik Kongo

Die Kampfhandlungen finden mittlerweile in der Nähe mehrerer Dörfer statt, darunter Katale und Buvunga im Nordwesten von Rumangabo, was seit einigen Tagen Panik in der Bevölkerung verursacht. „Auf der Strasse zwischen Rutshuru und Goma kann man Tausende Menschen sehen, die zu Fuss oder mit dem Motorrad fliehen. Manche Dorfbewohner sind mit ihrem Vieh aufgebrochen, weil dies oftmals ihre einzige Existenzgrundlage ist", berichtet Raphaël Ténaud, Leiter der Sub-Delegation des IKRK in Goma.

Aufgrund der Kampfhandlungen in der Nähe einer Verteilstelle für Nahrungsmittel in Rugari musste das IKRK am 24. Mai 2022 die Lebensmittelausgabe in dieser Gegend aussetzen.

„Wir rufen alle Beteiligten auf, alles in ihrer Macht Stehende dafür zu tun, Zivilisten zu verschonen und die Arbeit des Personals des Roten Kreuzes bei der Bereitstellung von Hilfe für die Bevölkerung nicht zu behindern"

Rachel Bernhard, Leiterin der IKRK-Delegation in der DRK.

Mit der Ankunft neuer Vertriebener erschweren sich die Lebensbedingungen in den Notlagern ganz besonders. So haben in der rund zehn Kilometer von Goma entfernten Ortschaft Kanyaruchinya über 3 600 Personen Zuflucht in Kirchen sowie im Innern und im Hof einer Schule gefunden. Dabei handelt es sich überwiegend um Frauen und Kinder.

„Die Familien stapeln sich bereits in den Schulklassen. Andere schlafen sogar neben ihrem Vieh auf dem Boden im Hof, gänzlich der Witterung ausgesetzt. Es fehlt an Wasser, Unterkünften und Nahrung. Die schwierigen hygienischen Verhältnisse, fehlendes Trinkwasser und die beengten Verhältnisse bergen das Risiko eines Aufflammens von Cholera-Fällen", warnt Raphaël Ténaud.

Aufgrund dieser Notlage hat das IKRK flexible Trinkwassertanks installiert, um die hygienischen Bedingungen zu verbessern und die tägliche Versorgung von 10 000 Menschen, darunter die von einem Vulkanausbruch im Mai 2021 [2] Geschädigten, sicherzustellen. Letztere haben sich vorbildlich solidarisch mit den nun neu ankommenden vertriebenen Familien gezeigt.

Das IKRK setzt sich weiterhin umfassend dafür ein, die notwendigen Sicherheitsgarantien zu erhalten, um die Menschen zu erreichen, die in dieser Zeit bewaffneter Auseinandersetzungen kaum noch Zugang zu Gesundheitsversorgung und zu Hilfsgütern haben.

„Wir bemühen uns darum, den bilateralen und vertraulichen Dialog mit den Streitkräften und bewaffneten Gruppen aufrechtzuerhalten, um sicherzustellen, dass die Zivilbevölkerung verschont und geschützt wird und die Evakuierung von Verwundeten und Kranken ungehindert durchgeführt werden kann", so Rachel Bernhard.

Zahlen und Fakten für die Monate April/Mai 2022 in der Gegend von Rutshuru

In Absprache mit den kongolesischen Behörden sowie mit anderen humanitären Organisationen steht das IKRK bereit, auf die Bedürfnisse der vertriebenen Bevölkerung und der aufnehmenden Gemeinden in den Bereichen Gesundheit, Trinkwasserversorgung sowie Verteilung von Nahrungsmitteln und grundlegenden Haushaltsgütern einzugehen. Im Rahmen seines Einsatzes bemüht sich das IKRK darum, die Kapazitäten der bestehenden Infrastruktur – vor allem in den Bereichen Wasser und Gesundheit – zu erhöhen.

Schutz

  • 2 Einsätze zur Unterstützung bei der Befreiung von im Rahmen der Kampfhandlungen gefangen genommenen Personen (insgesamt vier) sowie Betreuung von Inhaftierten;
  • Unterstützung des Roten Kreuzes der DRK mit technischer Expertise und Material zur Evakuierung von und zum Umgang mit sterblichen Überresten.


Zusammenführung von Familien durch das Rote Kreuz der DRK

  • 38 während der Kampfhandlungen von ihren Familien getrennte Kinder wurden wieder mit ihren Angehörigen vereint;
  • Einrichtung von 5 Telefonkabinen in den Zufluchtsorten der Binnenvertriebenen zur Durchführung von 2 746 Anrufen, um den Kontakt zwischen Familienmitgliedern, die sich aus den Augen verloren haben, wiederherzustellen.


Medizinische Hilfe

  • Spenden von medizinischem Material an beide Konfliktparteien;
    • Bereitstellung von medizinischem Material für das Militärspital in Katindo;
  • Spenden von medizinischem Material und Medikamenten an das „Hôpital Général de Référence" (HGR) von Rwanguba, an das Gesundheitszentrum von Kamira, Rubavo und das gesundheitliche Referenzzentrum von Bunagana, um den Zugang zu medizinischer Versorgung für die Vertriebenen und die Versorgung von Verwundeten zu gewährleisten;
    • Medizinische Evakuierung von vier durch Waffen verwundete Personen aus Rutshuru in das Spital CBCA Ndosho in Goma, um die kontinuierliche medizinisch-chirurgische Versorgung durch die Fachteams des IKRK zu gewährleisten; Versorgung von fünf weiteren durch Waffen verwundeten Personen aus Rutshuru durch die Chirurgenteams des IKRK in Goma.


Dringende Nahrungsmittelhilfen

In Rugari haben rund 13 900 Menschen Nahrungsmittel (Lebensmittelrationen für einen Monat) und grundlegende Haushaltsgüter erhalten.


Zugang zu Trinkwasser und Schaffung hygienischer Verhältnisse

  • Verbesserung der Wasserversorgung im Spital von Rwanguba und im Gesundheitszentrum von Kabindi;
  • Wasserversorgung in den Vierteln Kungo und Munanira von Bunagana sowie Instandsetzung der beschädigten Kanäle des Wassertanks in Bugusa;
  • Seit dem 27. Mai 2022 Lieferung von 15-20 Liter Wasser pro Tag und Person in der Ortschaft Kanyaruchinya.

 

Weitere Informationen
Halimatou Amadou, IKRK Dakar, Tel.: +221 78 186 687, hamadou@icrc.org
Carol Lumingu Kazadi, IKRK Kinshasa, +243 81 292 59 14, clumingukazadi@icrc.org


[1] Zahlen des UNHCR, 27. Mai 2022
[2] Fast 6 500 infolge des Ausbruchs des Vulkans Nyiragongo im Mai 2021 geschädigte Personen leben immer noch in Lagern.