Medienmitteilung

Israel und die besetzten Gebiete: Nach zwei Monaten Hilfsgüterblockade steht humanitäre Hilfe in Gaza kurz vor völligem Zusammenbruch

A little girl carrying a bag of supplies walks past destroyed buildings in Rafah, Gaza
Photo: ICRC

Genf (IKRK) – Die humanitäre Hilfe in Gaza steht kurz vor dem völligen Zusammenbruch. Sechs Wochen heftiger Kämpfe und eine zweimonatige vollständige Blockade der Hilfslieferungen haben zur Folge, dass die Zivilbevölkerung nicht mehr über das Nötigste zum Überleben verfügt. Ohne eine unverzügliche Wiederaufnahme der Hilfslieferungen hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) keinen Zugang zu Nahrungsmitteln, Medikamenten und lebensrettenden Hilfsgütern, die für die Weiterführung vieler seiner Programme in Gaza erforderlich sind. 

«Die Zivilbevölkerung Gazas kämpft jeden Tag inmitten der Kämpfe verzweifelt um ihr Überleben, sie muss die ständigen Vertreibungen aushalten und die Folgen des Entzugs dringend benötigter humanitärer Hilfe ertragen», sagte Pascal Hundt, Stellvertretender Direktor der IKRK-Abteilung Einsätze. «Diese Situation darf – und kann – nicht noch weiter eskalieren».

Gemäss dem humanitären Völkerrecht ist Israel verpflichtet, mit allen verfügbaren Mitteln dafür zu sorgen, dass die Grundversorgung der Zivilbevölkerung in den von ihm kontrollierten Gebieten sichergestellt ist. Wenn die Blockade anhält, können Programme wie die Gemeinschaftsküchen des IKRK, die für viele Menschen die einzige Mahlzeit am Tag sind, nur noch wenige Wochen betrieben werden.

Auch das Feldlazarett des Roten Kreuzes in Gaza hat nur noch bedrohlich geringe Vorräte an Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern, und einige wichtige Medikamente und Materialien sind bereits aufgebraucht. Spitäler und andere medizinische Einrichtungen reorganisieren ihre Bestände und priorisieren die Versorgung, um lebensrettende Tätigkeiten fortsetzen zu können. Ohne unverzüglichen Nachschub werden die Spitäler die dringend benötigte medizinische Versorgung der Patienten nicht mehr aufrechterhalten können.

Auch die Wasser-, Sanitär- und Hygienesituation hat sich akut verschlechtert. Unterbrechungen der Wasserversorgung – darunter die Stilllegung von Wasserleitungen und die Zerstörung wichtiger Abwasser-Entsorgungsfahrzeuge – haben zu einem unannehmbar hohen Risiko von Krankheiten geführt, die durch Wasser übertragen werden.

Verschärft wird die Lage noch durch wiederholte Angriffe auf die Arbeit von Gesundheitseinrichtungen und medizinischem Personal. Im vergangenen Monat wurden 15 Mitarbeitende medizinischer Dienste, des Zivilschutzes und humanitärer Organisationen, darunter acht Sanitäter des Palästinensischen Roten Halbmonds, brutal getötet. Die Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen wie dem Kuwait-Feldlazarett und dem Al Ahli-Spital in den letzten Wochen hat das kollabierende Gesundheitssystem des Gazastreifens weiter lahmgelegt.

Das IKRK ist entschlossen, der Zivilbevölkerung in Gaza auch weiterhin zu helfen, doch die Verschlechterung der Sicherheitslage schränkt die Arbeit und die Bewegungsfreiheit der IKRK-Mitarbeitenden und unserer Partner weitgehend ein. Das humanitäre Völkerrecht ist klar und eindeutig:

Medizinisches Personal und medizinische Einrichtungen müssen unter allen Umständen geschont und geschützt werden. Alle Parteien müssen sicherstellen, dass Spitäler und medizinische Einrichtungen Zufluchtsorte bleiben, die Menschenleben schützen.

Hilfsgüter müssen nach Gaza gelangen können. Geiseln müssen freigelassen werden. Zivilpersonen müssen geschützt werden. Wenn nicht sofort etwas geschieht, wird Gaza weiter im Chaos versinken, und die humanitäre Arbeit wird nicht in der Lage sein, dieses Chaos zu lindern.  

Über das IKRK

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist eine neutrale, unparteiische und unabhängige Organisation mit einem ausschliesslich humanitären Auftrag, der in den Genfer Abkommen von 1949 verankert ist. Es hilft Menschen auf der ganzen Welt, die von bewaffneten Konflikten und anderen Formen von Gewalt betroffen sind, und es bemüht sich nach Kräften, ihr Leben und ihre Würde zu schützen und ihre Leiden zu lindern. Dies geschieht häufig an der Seite seiner Rotkreuz- und Rothalbmondpartne.

Weitere Informationen:

press@icrc.org 

Hachem Osseiran, IKRK Dubai, Tel.: (+971) 504 254 091, hosseiran@icrc.org