Die Erfahrungen aus bewaffneten Konflikten haben immer wieder gezeigt, was der Einsatz dieser Waffen für die Zukunft bedeutet: Familien, die versuchen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, Kinder, die zur Schule gehen, und Bauern, die ihre Felder bestellen, laufen Gefahr, noch jahrelang getötet oder verstümmelt zu werden, lange nachdem die Soldaten wieder abgezogen sind.
Die jüngsten Ankündigungen mehrerer nord- und mitteleuropäischer Staaten, aus dem Übereinkommen über das Verbot von Antipersonenminen auszutreten, stellen einen gefährlichen Rückschlag für den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten dar. Diese Entscheidungen, die mit einer zunehmenden Verschlechterung der Sicherheitslage und militärischen Bedrohungen begründet werden, fallen in eine Zeit wachsender internationaler Spannungen und bewaffneter Konflikte, die bereits Zehntausende von Menschenleben gefordert haben.
Die Geschichte ist eindeutig, und die unterschiedslosen Wirkungen dieser Waffen lassen sich nicht beschönigen. Selbst wenn sie zunächst an den Frontlinien eingesetzt werden, töten oder verstümmeln sie zwangsläufig genau die Menschen, die sie eigentlich schützen sollten, bevor sie schließlich zu astronomischen Kosten geräumt werden.
Das Übereinkommen über das Verbot von Antipersonenminen verbietet solche Minen generell und sieht für die Zivilbevölkerung sowohl in bewaffneten Konflikten als auch im Anschluss daran wichtige Schutzmassnahmen vor. Staaten, die sich aus solchen Verträgen zurückziehen, riskieren eine Aushöhlung des lebensrettenden Schutzes und gefährden die jahrzehntelangen weltweiten Bemühungen um die Abschaffung dieser unmenschlichen Waffen. Dies ist ein Rückschritt mit verheerenden humanitären Folgen: Er setzt die Zivilbevölkerung jahrelang dem Risiko von Tod oder Verletzung aus.
Das humanitäre Völkerrecht, zu dem auch dieses Übereinkommen gehört, dient dem Schutz der Menschen in dunklen Zeiten und beruht auf Erfahrungen, die auf den Schlachtfeldern gemacht wurden, und dem damit verbundenen menschlichen Leid. Wer diese Regeln in Friedenszeiten einführt und sie in Zeiten des Krieges oder erhöhter Spannungen preisgibt, hat sie vollkommen missverstanden. Wer sie preisgibt, weil der Gegner sie nicht einhält, begibt sich in eine gefährliche Abwärtsspirale, deren Preis die Zivilbevölkerung zahlen muss.
An dem begrenzten militärischen Nutzen dieser Waffen hat sich seit der Verabschiedung des Übereinkommens im Jahr 1997 nichts geändert: Die Staaten einigten sich auf ihr Verbot, weil manche Waffen einfach nicht akzeptabel sind.
Die Einhaltung humanitärer Pflichten ist entscheidend für den Schutz von Menschen, die von einem bewaffneten Konflikt betroffen sind, und sie dient dem Interesse aller, unabhängig davon, wie sich die anderen verhalten. Das Gebot der Stunde ist es, an den humanitären Normen festzuhalten, anstatt sie zu schwächen. In Zeiten grosser Unsicherheit und akuter internationaler Spannungen rufen wir die Staaten auf, die Stigmatisierung von Waffen zu verstärken, die unsägliches menschliches Leid verursachen. Weltweit haben sich mehr als 80% der Staaten zu einer minenfreien Welt verpflichtet, und auf diese Vision müssen und werden wir weiter hinarbeiten.
Über das IKRK
Über das IKRK
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist eine neutrale, unparteiische und unabhängige Organisation mit einem ausschliesslich humanitären Auftrag, der in den Genfer Abkommen von 1949 verankert ist. Es hilft Menschen auf der ganzen Welt, die von bewaffneten Konflikten und anderen Formen von Gewalt betroffen sind, und es bemüht sich nach Kräften, ihr Leben und ihre Würde zu schützen und ihre Leiden zu lindern. Dies geschieht häufig an der Seite seiner Rotkreuz- und Rothalbmondpartner.