Myanmar: Bedenken wegen zunehmender Anzahl Vertriebener in Rakhine

Myanmar: Bedenken wegen zunehmender Anzahl Vertriebener in Rakhine

Article 18. April 2019 Myanmar

Im Dezember 2018 eskalierte der Konflikt zwischen den Regierungsstreitkräften Myanmars und der Gruppierung „Arakan Army" in den Bundesstaaten Rakhine und Chin. Die Zivilbevölkerung litt sehr darunter und mehr als 29 000 Menschen flüchteten aus ihrer Heimat über alle möglichen Wege, etwa zu Fuss aus den Berggebieten oder mit Bambusflössen. Die aktuellen Kampfhandlungen gehen einher mit einer bereits äusserst prekären humanitären Lage seit Ausbruch der Krise im August 2017..

Die Menschen finden Zuflucht in Klöstern, Lagern und in anderen öffentlichen Räumen oder bei Verwandten in den Stadtgemeinden Kyauktaw, Buthidaung, Ponnagyun, Mrauk-U, Maungdaw, Minbya und Rathedaung.

Ein einziges Lager im Dorf Ah Htet Myat Hlay in der Stadtgemeinde Ponnagyun dient mehr als 500 Menschen als provisorische Bleibe. Sie leben dicht gedrängt in kleinen, behelfsmässig aus Bambus und Zeltplanen angefertigten Unterkünften. Die Familien leben zusammengepfercht in diesen Hütten und schlafen auf Stroh. Auf den staubigen Strassen des Lagers sind nur spielende Kinder zu sehen, die Erwachsenen treffen sich in Gruppen in den überdachten Unterkünften.

Ma Sein Nu floh mit ihren fünf Kindern. Sie ist eine der vielen hier, die alles zurücklassen mussten.

Wir hatten keine Zeit zu packen. Wir mussten fliehen, weil wir um unser Leben fürchteten. Wir verliessen unser Zuhause am frühen Morgen und verbrachten einen ganzen Tag auf einem kleinen Boot, um hierher zu gelangen.

Die Reise an einen sicheren Ort war für die Kinder und die älteren Menschen besonders beschwerlich; sie sind bei einer solchen Flucht oft am meisten gefährdet.


„Ich höre nicht gut. Mein Sohn und meine Tochter mussten mir auf dem ganzen Weg hierher behilflich sein", erklärt die 56-jährige Sein Ma Phyu, die einen langen Weg zurücklegen musste, um in dieses Lager zu gelangen.

Wie Sie sehen können, haben wir hier nichts. Gar nichts.

Die Mehrheit der derzeitigen Bewohnerinnen und Bewohner des Lagers kam ohne jegliche Habseligkeiten hier an und lebt deshalb in grösstem Elend. Es mangelt an den lebensnotwendigsten Gütern. Als Erstes erhielten die Menschen Hilfe von der mitfühlenden Bevölkerung vor Ort.


„Die Menschen hier stellten uns Platz zur Verfügung. Sie teilten ihre Kochutensilien und ihre Wasserquelle mit uns", erklärt der 70-jährige U Maung Kyaw, der mit seiner Frau und zwei Enkelinnen aus seiner Heimat fliehen musste.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und die Rotkreuzgesellschaft von Myanmar versorgten die Lagerbewohnerinnen und -bewohner ausserdem mit Nahrung, Matten, Decken und weiteren Haushaltsartikeln für Männer, Frauen und Kinder, Materialien, damit sie Unterkünfte und Latrinen bauen konnten sowie technischer Unterstützung zur Beschaffung von sauberem Trinkwasser.


„Wir erhalten hier zwar Hilfe, aber unser richtiges Leben ist in unserer Heimat. Es wird schwer für uns sein, diesen Ort hier als langfristige Lösung zu betrachten", meint U Maung Kyaw, der sein Dorf noch nie verlassen hatte, bevor er vor den Unruhen hierher fliehen musste.

Mein einziger Wunsch ist, nach Hause zurückzukehren und dort in Frieden leben zu können.

Die Familien versuchen, sich einzugewöhnen, fragen sich aber gleichzeitig, wann sie wieder zu ihrem friedlichen und unabhängigen Leben zurückkehren können.

Seit Dezember 2018 hat das IKRK gemeinsam mit der Rotkreuzgesellschaft von Myanmar mehr als 30 verschiedene Orte in Rakhine besucht und über 24 000 Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen unterstützt, um ihnen den Zugang zu grundlegenden Diensten und die Erfüllung ihrer wichtigsten Bedürfnisse zu ermöglichen. Das IKRK ist sehr besorgt über die zunehmende Intensität der Kämpfe und die immer grösseren humanitären Folgen für alle Bevölkerungsgruppen. Die Organisation überwacht die Auswirkungen des Konfliktes auf die Zivilbevölkerung und sucht nach Wegen, um die Gefahr für die Menschen zu verringern und Familien, die auseinandergerissen wurden, wieder zu vereinen.