Humanitärer Visa-d'Or-Preis geht an Hugh Kinsella Cunningham für die Dokumentation der Not der Zivilbevölkerung in der DRK
Am 18. Juni 2024 wurde die 14. Ausgabe des Humanitären Visa-d'Or-Preises des IKRK an den Freelance-Fotografen Hugh Kinsella Cunningham für seine bemerkenswerte Dokumentation über Zivilpersonen verliehen, die unter dem bewaffneten Konflikt im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) leiden.
Zuletzt bearbeitet am 10. September 2024
"Das sind fünf Jahre meines Lebens!» sagte Cunningham sichtlich bewegt, als er erfuhr, dass er den Humanitären Visa-d'Or-Preis des IKRK erhalten hatte, der ihm von der Jury nahezu einstimmig verliehen wurde. Er berichtet seit Jahren über die Auswirkungen des bewaffneten Konflikts zwischen Regierungstruppen und der Bewegung 23. März (M23) in der DRK.
Dieser Konflikt hindert die Zivilbevölkerung daran, ihr Leben selbst zu bestimmen, und nun wird sogar schwere Artillerie gegen Zivilisten eingesetzt ... Dieser unbeachtete Konflikt ist ein enorm wichtiges Thema, und es ist zu begrüssen, dass jetzt mehr Menschen von Ereignissen erfahren, die in den Nachrichten nicht unbedingt vorkommen.
Isabelle de Lagasnerie, Leiterin der Bildredaktion der französischen Zeitung La Croix, war begeistert: "Die Qualität dieser Fotos – Aufbau, Blickwinkel, Ausschnitt – ist unverkennbar. Sie erzählen eine Geschichte, ergänzen einander und nehmen uns mit auf eine Reise. Jedes Bild wirft Fragen auf, macht neugierig und hat einen Subtext, der die Geschichte noch vertieft."
Trauernde warten auf eine Ambulanz, die die Leichen von drei Opfern eines Granatenangriffs abholen soll.
Das Thema der 14. Ausgabe des Humanitären Visa-d'Or-Preises des IKRK lautete «Zivilisten, die ersten Opfer bewaffneter Konflikte» anlässlich 75-jährigen Bestehens des Vierten Genfer Abkommens, das in Kriegszeiten Zivilpersonen schützt. Es fiel der Jury nicht leicht, unter den zahlreichen Projekten – darunter Arbeiten über die Ukraine, Gaza, Israel, Myanmar und den Sudan – einen Preisträger zu auszuwählen.
«Besonders bewegt hat mich die Arbeit eines Fotografen in Gaza und diese Reportage aus der DRK“, sagte Jean-François Corty, Präsident von Médecins du Monde. «Die Jury entschied sich schliesslich für den Fotografen, der in der DRK arbeitet, denn die Zivilbevölkerung dort leidet seit vielen Jahren ganz extrem, und auch die humanitären Helfer haben Mühe, ihren Bedarf zu decken. Dieser Fotograf arbeitet mit vollem Einsatz und steht an der Seite der Zivilbevölkerung und der humanitären Organisationen mitten im Geschehen.»
Vertriebene fliehen in die Stadt Sake. Sobald sie in Sicherheit sind, müssen sie Unterkünfte bauen und Nahrung suchen.
Mehr als 5,6 Millionen Menschen wurden durch den Konflikt im Osten der DRK vertrieben, davon allein 2,5 Millionen in der Provinz Nord-Kivu. Die humanitäre Krise in der Region ist verheerend. «Über eine Million Menschen irren in den Außenbezirken von Goma umher. Die Vertriebenenlager sind überfüllt und völlig überlastet. Es ist eine absolut furchtbare Situation», sagte Claude Guibal, Korrespondent von Radio France, der kürzlich aus der Region Goma berichtete. «Selbst der Zugang zu dem Gebiet ist höchst kompliziert. Die Wahl des Themas – und die unglaubliche Intensität dieser Bilder – erinnern uns daran, wie das Leben der Zivilbevölkerung im Ostkongo aussieht.»
Eine Familie auf der Flucht nach Goma. Hinter den fliehenden Zivilisten war Artilleriebeschuss zu hören.
«Ein Foto, das mir besonders auffiel, zeigt zwei Menschen, von denen einer ein Bein verloren hat und mit Krücken geht. Das ist ein ewiger Weg, der schon seit Jahrzehnten andauert», sagte Christophe Martin, Leiter der IKRK-Delegation in Paris. «Ich habe eine Zeit lang in der DRK gearbeitet und konnte selbst sehen, was leider bis heute Realität ist: Dieser Konflikt nimmt kein Ende. Die Zivilbevölkerung gerät ins Kreuzfeuer verschiedener Gruppen. Das IKRK bemüht sich, den überwältigenden Bedarf an Hilfe zu decken, indem es tätig wird und nahe bei den Menschen vor Ort bleibt. Ich freue mich, dass diese Bilder all die Menschen würdigen, die in diesem Teil der DRK kämpfen müssen.»
Die Mitglieder der Jury (von links nach rechts):
- Christophe Martin, Leiter der IKRK-Delegation in Frankreich
- Marie-Hélène Barberis, selbstständige Recherche- und Dokumentationsjournalistin
- Isabelle de Lagasnerie, Leiterin Bildredaktion der französischen Zeitung La Croix
- Jean-François Corty, Präsident Médecins du Monde
- Claude Guibal, Reporterin Radio France
- Véronique Gaymard, Journalistin, Radio France Internationale
- Frédéric Joli, ehemaliger IKRK-Sprecher in Frankreich
- Cyril Drouhet, Direktor Foto und Reportage, Le Figaro Magazin
Die Arbeiten von Hugh Kinsella Cunningham wurden Anfang September 2024 auf dem Festival Visa pour l'Image in Perpignan ausgestellt. Im Rahmen dieses internationalen Fotojournalismusfestivals verlieh Christophe Martin, Leiter der IKRK-Delegation in Frankreich, dem Fotografen die Auszeichnung Visa d'or humanitaire. Wie in jedem Jahr fand die Zeremonie im Campo Santo statt, dem legendären Veranstaltungsort des Festivals. Das Preisgeld in Höhe von 8'000 Euro wird dem Preisträger helfen, neue Projekte in Angriff zu nehmen.