Fehlendes medizinisches Material im Norden Äthiopiens verhindert Hilfe für Menschen in Not

Fehlendes medizinisches Material im Norden Äthiopiens verhindert Hilfe für Menschen in Not

Im Rahmen des anhaltenden Konflikts im Norden Äthiopiens wurden Hunderttausende Menschen vertrieben, während das regionale Gesundheitssystem sowie das medizinische Personal einer enormen Belastung ausgesetzt sind.
Statement 18. Januar 2022 Äthiopien

Das IKRK ist aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung äusserst besorgt über die Bereitstellung einer angemessenen Gesundheitsversorgung. Den Gesundheitseinrichtungen fehlt es an medizinischem Material und in einigen Fällen wurde die Infrastruktur erheblich beschädigt. Dies macht den Zugang zu medizinischer Versorgung extrem schwierig und raubt den Menschen die Grundlagen zum Überleben.

Das IKRK passt seine Unterstützungsleistungen vor allem mit Blick auf die besonders anfälligen Menschen an. Allerdings schränkt sich aufgrund des kaum noch verfügbaren medizinischen Materials der Handlungsspielraum weiter ein und die Bereitstellung humanitärer Hilfe wird aufgrund einer Kombination aus Kampfhandlungen, der unsicheren Lage und Zugangsbeschränkungen erheblich beeinträchtigt.

„Einige Spitäler in Amhara mussten schliessen, weil Medikamente fehlen", sagte Micha Wedekind, verantwortlich für den Einsatz des IKRK in Amhara und Afar. „Täglich sterben Menschen mit chronischen Krankheiten und Frauen bringen ihre Kinder zuhause zur Welt, da die Gesundheitseinrichtungen ausser Betrieb sind und oftmals kein Strom und Wasser haben."

„In Tigray wird Einwegmaterial wie Handschuhe, OP-Material und sogar Drainageschläuche gereinigt und wiederverwendet, was das Risiko für Infektionen steigen lässt. An manchen Orten haben die Ärzte Desinfektionsmittel durch Salz ersetzt, um Wunden zu reinigen", erklärte Apollo Barasa, medizinischer Koordinator der IKRK-Delegation in Äthiopien. „Patienten erhalten abgelaufene Medikamente, Sauerstoffreservoire funktionieren nicht mehr und einige Einrichtungen können keine Routineimpfungen mehr durchführen."

Das IKRK erinnert alle Konfliktparteien daran, dass sie die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Menschen in Not unverzüglich ermöglichen müssen.

In diesem Monat wurden sieben Gesundheitseinrichtungen rund um Dese, darunter in Hayk, Mersa, Weldiya und Kobo, unterstützt. Im Laufe des Jahres 2021 unterstützte das IKRK zusammen mit der Äthiopischen Rotkreuzgesellschaft 130 Gesundheitseinrichtungen in den Regionen Amhara, Afar, Tigray, Oromia und Somali. Über 110 000 Menschen konnten von den medizinischen Programmen des IKRK profitieren, während 9 800 Personen physiotherapeutisch behandelt oder aufgrund anderer Einschränkungen des Bewegungsapparats versorgt wurden.

Neben medizinischen Hilfsleistungen sorgt sich das IKRK auch um die Nahrungsmittelsituation und die Existenzgrundlagen der Menschen im Norden des Landes. Vergangene Woche konnten zum ersten Mal in sechs Monaten humanitäre Hilfsgüter nach Lalibela, Amhara, gebracht werden, um 2 500 Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen und 6 000 Menschen mit Haushaltsgütern wie Matratzen, Kanistern, Küchenausrüstung und Solarlampen auszustatten. In Mek'ele verteilte das IKRK grundlegende Haushalts- und Hygieneartikel an mehr als 900 Vertriebene.

Das IKRK setzt seinen Einsatz in Äthiopien fort, zeigt sich aber zutiefst besorgt über die jüngsten Berichte zu anhaltenden Kämpfen, darunter auch Luftangriffe, im Norden des Landes, die zu zivilen Opfern führen.

Wir rufen alle Konfliktparteien auf, die Regeln und Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht zu wahren, wonach die Zivilbevölkerung gegen Angriffe geschützt und alles Erdenkliche getan werden muss, zu prüfen, dass Angriffsziele militärischer Natur sind. Soweit möglich sollte die Zivilbevölkerung aus dem engen Umfeld militärischer Ziele evakuiert werden.

2021 hat das IKRK:

- 655 000 Menschen im ganzen Land und insbesondere im Norden mit Haushaltsgütern, Unterkunft und Bargeld versorgt;
- 875 000 Menschen land- und viehwirtschaftliche Unterstützung bereitgestellt;
- 1 950 000 Menschen, darunter auch in Haftanstalten, den Zugang zu sauberem Wasser und einer Sanitärversorgung ermöglicht;
- über 169 000 Menschen geholfen, Kontakt zu Familienangehörigen wiederherzustellen bzw. aufrechtzuerhalten, indem der Austausch von Nachrichten zwischen Familienmitgliedern ermöglicht wurde.

Weitere Informationen:

Fatima Sator, ICRC Addis Ababa, fsator@icrc.org M. +251944101700
Alyona Synenko, ICRC Nairobi, asynenko@icrc.org M. +254716897265