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COVID-19: Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind

COVID-19 ist eine globale Krise, die eine globale Antwort erfordert. Die Pandemie ist zu einer Bedrohung für alle Bereiche unseres menschlichen Lebens geworden: Ungleichheiten weiten sich aus, die Menschen sind verunsichert. Um mehr lebensrettende Dienste anzubieten und die Unterstützung im Umgang mit den unmittelbaren Folgen der Pandemie und ihren langfristigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen zu verstärken, lanciert die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung heute einen gemeinsamen Spendenaufruf über 3,1 Milliarden Schweizer Franken (3,19 Mrd. US-Dollar).

Von der Unterstützung im Bereich geistige Gesundheit über medizinische Hilfe bis zum Wiederaufbau der Lebensgrundlagen in Konfliktgebieten – das IKRK setzt sich gemeinsam mit den nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften dafür ein, dass den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen sofort, aber auch über die unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie hinaus geholfen wird. Doch um dies zu erreichen, benötigen wir zusätzliche finanzielle Unterstützung.

Diese Pandemie hat eine Krise ausgelöst und führt zu Bedürfnissen, die weit in die Zukunft anhalten werden, sei es bei der Unterstützung im Bereich geistige Gesundheit, bei medizinischer Hilfe in Konfliktgebieten oder dem Wiederaufbau von Lebensgrundlagen. Das IKRK arbeitet Hand in Hand mit der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung an der Schnittstelle zwischen Pandemie, bewaffneten Konflikten und Gewalt. Wir leisten damit Soforthilfe, unterstützen die Familien aber auch langfristig, über die unmittelbaren Folgen der Pandemie hinaus.

Robert Mardini, Generaldirektor des IKRK

Unser Einsatz im Bereich Gesundheit

In vielen Gebieten, die von Konflikten oder anderer Gewalt gebeutelt sind, gehören die vom IKRK unterstützten Gesundheitseinrichtungen zu den wenigen, die überhaupt noch in Betrieb sind. Wir passen uns an die neue Situation an und verstärken die bestehende Unterstützung, damit die Kontinuität entscheidender Gesundheitsversorgung auch während der Pandemie gewährleistet ist. Um das Ansteckungsrisiko zu mindern, stärken wir die Kapazitäten der unterstützten Einrichtungen im Bereich der Infektionsbekämpfung, der Umsetzung von Präventions- und Hygienemassnahmen sowie der Krankheitserkennung.

Der Bedarf an Betreuung im Bereich der geistigen Gesundheit und der psychosozialen Bedürfnisse in Gewaltsituationen und Konfliktgebieten wird durch die Folgen der Coronakrise noch grösser. Das IKRK passt seine Programme an, um die Kontinuität der Leistungen sicherzustellen. Gleichzeitig erweitern wir unser Angebot zur Unterstützung derjenigen, die an vorderster Front im Einsatz sind. Doch alleine schaffen wir dies nicht.

Unsere Tätigkeit in den Gefängnissen

Gefangene sind ein Teil der Gesellschaft, und dies gilt auch im Hinblick auf Infektionskrankheiten. Häufig sind Gefängnisse überfüllt, schlecht belüftet und die Hygienebedingungen lassen stark zu wünschen übrig. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten und Wascheinrichtungen ist nicht immer gewährleistet. Diese Faktoren begünstigen die Ausbreitung von Krankheiten und können katastrophale Folgen haben: Die Übertragungsrate in Gefängnissen kann sich als viel höher erweisen als in einer anderen Umgebung. Das ständige Kommen und Gehen von Menschen – Inhaftierte, Personal, Besucherinnen und Besucher – birgt ein zusätzliches Risiko, dass das Virus in die Hafteinrichtungen hinein- oder zurück in die übrige Gesellschaft gelangt.

Das IKRK übernimmt eine einzigartige Rolle, wenn es darum geht, Inhaftierte und Gefängnispersonal vor der Ausbreitung von COVID-19 zu schützen. Vielerorts verfügen wir über einen privilegierten Zugang zu Gefängnissen. Wir besuchen Insassen, um festzustellen, ob es ihnen gut geht, und wir arbeiten mit den zuständigen Behörden daran, spezifische humanitäre Bedürfnisse zu erfüllen, etwa Zugang zu Wasser und Gesundheitsversorgung. In einigen Fällen übernehmen wir auch technische Interventionen und unterstützen Reformprozesse, um die Behandlung und die Lebensbedingungen der Gefangenen zu verbessern. Das IKRK setzt sich nicht nur dafür ein, die Ausbreitung des Virus im Innern der Hafteinrichtungen einzudämmen, sondern auch dafür, zu verhindern, dass es nach einem Ausbruch zurück in die Gesellschaft gelangt, wo sich noch mehr Menschen anstecken könnten.

Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung

Aufgrund eines fehlenden Zugangs zu Trinkwasser und angemessener Sanitärversorgung in vielen Gebieten, die von Konflikten oder Gewalt heimgesucht werden, ist es für die Bevölkerung oft schwer, einfache Infektionsbekämpfungsmassnahmen, zum Beispiel Händewaschen, umzusetzen. Unter verletzlichen Bevölkerungsgruppen mit geringen Ressourcen und an Orten, an denen Vertriebene Zuflucht gefunden haben, etwa in behelfsmässigen Flüchtlingslagern und Migrantenunterkünften, sind die Hygienebedingungen meist besonders schlecht. In gewissen Fällen haben Einschränkungen der Bewegungsfreiheit dazu geführt, dass die Menschen nur noch bedingt Zugang zu Nahrungsmitteln und anderen grundlegenden Gütern haben. Der Rückgang der Wirtschaftsaktivität wirkt sich auf die Einkommensgrundlage aus und bedroht die Fähigkeit der Menschen, aus eigenen Mitteln für ihre wichtigsten Bedürfnisse aufzukommen.

Gemeinsam mit den lokalen Behörden und mit Dienstleistern setzt das IKRK Projekte um, die den Menschen einen Zugang zu Trinkwasser ermöglichen und dafür sorgen sollen, dass sie Hygieneregeln einhalten können, damit die Ausbreitung von COVID-19 verhindert wird. Zudem leisten wir Nothilfe, damit die von den Bewegungseinschränkungen betroffenen Menschen, aber auch Patientinnen und Patienten, Gesundheitspersonal in Behandlungseinrichtungen oder auf Quarantänestationen und andere besonders schutzbedürftige Gruppen weiterhin unter menschenwürdigen Bedingungen leben können.

Sichere und würdevolle Handhabung sterblicher Überreste

Wenn eine unerwartet grosse Anzahl Menschen durch COVID-19 ihr Leben verliert, kann dies zu einer Überforderung der lokalen Einrichtungen und ihrer Mitarbeitenden führen. Ohne eine angemessene Vorsorgeplanung für Situationen mit einer Vielzahl an Todesopfern besteht die Gefahr, dass die Toten in Massengräbern bestattet werden müssen. Dies ist für die Hinterbliebenen mit viel Leid verbunden, da sie möglicherweise nicht wissen, wo die geliebten Menschen beerdigt wurden. Eindämmungsmassnahmen schränken zudem Begräbnisse und Bestattungsrituale ein. Dadurch können die Angehörigen kulturelle oder religiöse Bräuche nicht einhalten, was ihre Trauer oftmals noch verstärkt.

Das IKRK geht auch auf diese Situationen spezifisch ein und erhöht seine Unterstützung für die Behörden und für andere Stellen, die mit der Handhabung der sterblichen Überreste betraut sind. Dabei stützen wir uns auf Erfahrungen aus früheren Notsituationen, etwa der Ebola-Epidemie in Westafrika in den Jahren 2014 und 2015. Unser Schwerpunkt liegt in der Stärkung der Vorsorge für Notfälle und dem Aufbau der Kapazitäten. Wir stellen ausserdem sicher, dass Pathologinnen und Pathologen, Bestattungsmitarbeitende und anderes Personal vor der Krankheit geschützt sind. Das IKRK hat Leitlinien – sowie Videos und Plakate mit Anweisungen – entwickelt, um sicherzustellen, dass die Würde der Verstorbenen und ihrer Familien während der COVID-19-Pandemie gewahrt wird. Zudem erweitern wir unsere Hilfe für die Behörden, die rechtsmedizinischen Institute, für Forensikerinnen und Forensiker und andere Fachleute in Zusammenarbeit mit der WHO und der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften. Des Weiteren unterstützen wir in gewissen Fällen den Ausbau von Einrichtungen, die dem Umgang mit sterblichen Überresten dienen.

> Datenvisualisierung zu COVID-19:
Grabstätten und Umgang mit Verstorbenen